Lebererkrankungen
Konservative und interventionelle Hepatologie
Die diagnostische und interventionelle Hepatologie stellt einen Schwerpunkt der Klinik für Innere Medizin II – Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Diabetologie am Petrus-Krankenhaus dar. Eine besondere Expertise besteht durch die langjährige Betreuung von Patienten mit Lebererkrankungen, durch die Mitwirkung bei internationalen Leitlinien auf dem Gebiet der Diagnostik und durch Behandlung von Virus-Hepatitiden und der Hämochromatose.
An der Klinik für Innere Medizin II stehen sämtliche Laboruntersuchungen zur Verfügung, um das breite Spektrum von Lebererkrankungen zu erfassen. In Kooperation mit dem Labor Wisplinghoff stehen modernste laborchemische und molekular-genetische Verfahren zur Verfügung, mit denen das gesamte Spektrum hepatologischer Erkrankungen diagnostiziert werden kann. Hierzu zählen insbesondere auch molekulargenetische Verfahren, die unter anderem für die Diagnostik von Erkrankungen wie Hämochromatose, M. Wilson, alkoholische Steatohepatitis und Störungen der Gallengangs-Transporter vonnöten sind.
Die nicht-invasive Bestimmung der Leberfibrose erfolgt am Petrus-Krankenhaus mittels sonographisch gesteuerter ARFI-Technik („acoustic radiation forced impulse imaging“). Die hervorragende Ausstattung des Petrus-Krankenhauses mit modernsten Sonographiegeräten erlaubt die zielgenaue sonographische Durchführung sämtlicher Punktionen, aber auch therapeutischer Verfahren wie perkutane Ethanol-Injektionen, Radiofrequenzablationen, Zystendrainagen, Zystensklerosierungen, Abszeßdrainagen, und der PAIR („punction-aspiration-injection-reaspiration“) bei Echinococcus-Zysten.
Durch die Kooperation mit dem Institut für Radiologie (Radprax) wird das Spektrum der bildgebenden Verfahren neben der Sonographie um die Computertomographie, Kernspintomographie mit MRCP (Magnet-Resonanz-Cholangro-Pancreaticografie) bis hin zum PET-CT ergänzt. Das interventionelle Leistungsspektrum wird ergänzt durch die Möglichkeit der TACE (transarterielle Chemoembolisation), welche insbesondere für die Behandlung von Lebertumoren indiziert ist.
Die Behandlung cholangiozellulärer und hepatozellulärer Karzinome stellt einen therapeutischen Schwerpunkt der Klinik dar. Hierfür ist eine Spezialsprechstunde eingerichtet.Im Frühjahr 2013 wurde im Petrus-Krankenhaus erstmalig bei einem Patienten ein Stent in der Leber (TIPPS) platziert. Im Vergleich zum alternativen Verfahren, der Shunt-Operation, ist der TIPPS mit erheblich weniger Komplikationen vergesellschaftet und bedarf eines deutlich kürzeren Krankenhausaufenthaltes, in der Regel von 5-7 Tagen.

Die B-Bild Sonografie stellt die klassische Ultraschalluntersuchung dar, bei der mittels Aussendung und Empfang von Ultraschallwellen über einen Schallkopf Graubilder live generiert werden können. Eine Ultraschalluntersuchung ist schmerzfrei und führt zu keinerlei Nebenwirkungen, schnell verfügbar und im Gegensatz zur Computertomografie strahlungsfrei.
Im Petrus-Krankenhaus stehen hierfür moderne Geräte der Firmen Siemens (S2000) und Hitachi (Preirus) zur Verfügung, die neben der konventionellen B-Bild Sonografie auch eine Kontrastmittelsonografie ermöglichen. In der Regel können neben dem Bauchraum (Abdomen) auch die Halsweichteile, Schilddrüse und das Brustfell (Pleura) untersucht werden. Neben der rein bildmorphologischen Untersuchung erlauben die Geräte ferner eine Untersuchung der Gefäße durch farbkodierte Duplex- und Doppleruntersuchungen, bei denen z.B. Thrombosen von Venen und Gefäßengstellen/-erweiterungen von Arterien diagnostiziert werden können.
Neben der klassischen B-Bild Sonografie unterstützen unsere modernen Ultraschallgeräte die Technik der Kontrastmittel-unterstützten Sonografie. Die Untersuchung wird von erfahrenen Ärzten, die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) sind, durchgeführt. Im Petrus-Krankenhaus wird SonoVue® als Kontrastmittel verwendet. Vorteil gegenüber Kontrastmitteln von Computer- und Kernspintomografien ist die Tatsache, dass SonoVue nicht über die Nieren ausgeschieden wird, sondern zerfällt und über die Lungen abgeatmet wird. Somit stellt die Untersuchung ein ideales Verfahren zur Anwendung von Kontrastmittel bei Patienten mit Niereninsuffizenz als auch mit Schilddrüsenfunktionsstörungen dar.
Allergische Nebenwirkungen wie diese bei der Computer- oder Kernspintomografie auftreten können, stellen eine Rarität dar – zudem verspürt der Patient das Kontrastmittel nach der Injektion nicht. Mit der Kontrastmittelsonografie werden hauptsächlich Tumoren der Leber untersucht, jedoch ist auch die Diagnostik von Tumoren der Bauchspeicheldrüse, Nieren und Milz möglich. Bei der Diagnostik von Lebertumoren zeigte eine deutsche, multizentrische Studie (Strobel et al, Ultraschall Med 2011), dass die KM-Sonografie der Computertomografie überlegen und der Kernspintomografie ebenbürtig ist und somit ein sinnvolles und preiswertes Diagnostikum zur Untersuchung von Lebertumoren darstellt.
Sonographisch assistierte Punktionen sind in der Regel zur Gewinnung von Proben notwendig, um insbesondere die Herkunft von Tumoren klären und dem Patienten somit eine adäquate tumorspezifische Therapie ermöglichen zu können. Hauptsächlich werden Tumorabsiedlungen innerhalb der Leber punktiert, grundsätzlich gelingt jedoch auch die Punktion von anderen suspekten Arealen, die sonographisch sichtbar und erreichbar sind.
Üblicherweise ist für eine solche Punktion eine lokale Betäubung ausreichend, im Falle von besonderer Angst vor einer Punktion ist eine leichte Sedierung des Patienten jedoch möglich. Die Punktion selbst dauert nur wenige Sekunden, die Punktionsstelle wird anschließend für drei Stunden mit einem Sandsack komprimiert. Nach sonographischer Kontrolle ist eine Entlassung bereits am Folgetag möglich.
Bei chronischen Lebererkrankungen ist aufgrund der heutigen nicht-invasiven Untersuchungsmethoden wie dem ARFI eine Leberpunktion zur Stadieneinteilung nur noch selten indiziert. Eine relative klare Indikation zur Leberpunktion gibt nach wie vor bei der Autoimmunhepatitis, dem M. Wilson (Kupferspeicherkrankheit) und der Nicht-alkoholischen Steatohepatitis (NASH). Sinnvoll ist eine Leberpunktion zur Klärung von wiederholt erhöhten Leberwerten, wenn mittels Blutabnahme die Ursache der Leberwerterhöhung nicht identifziert werden kann und es Grund zur Annahme einer chronischen Lebererkrankung gibt.
Unter sonographischer Kontrolle ist nicht nur die gezielte Punktion, sondern darüberhinaus auch die Einlage von Drainagen möglich. Diese sind insbesondere bei Vorliegen von Abszessen notwendig, um neben der systemischen antibiotischen Therapie auch eine kontinuierliche Ableitung des eitrigen Gewebes zu garantieren und somit eine schnellere Abheilung zu ermöglichen.
Hierbei wird nach sonographischer Darstellung der Abszess punktiert und eine Drainage platziert. Neben der kontinuierlichen Ableitung des Abszesses kann die Abszesshöhle hierduch regelmäßig mit sterilem Kochsalz gereinigt werden. Diese Behandlungsmethode kann in der Regel in Lokalbetäubung durchgeführt werden und stellt eine minimal-invasive Alternative im Gegensatz zur Operation dar.
Die Radiofrequenzablation stellt ein modernes, minimal-invasives Verfahren zur lokalen Behandlung von Tumoren dar. Hierbei wird unter Sedierung und lokalen Betäubung eine dünne Sonde (3 mm) innerhalb des Tumores platziert und das Tumorgewebe mittels hochfrequentem Wechselstrom erhitzt und somit zerstört. Die Platzierung der Sonde erfolgt üblicherweise unter sonographischer Kontrolle, kann im Falle von schlecht einsehbaren oder erreichbaren Regionen jedoch auch mit Hilfe der Computertomographie durchgeführt werden.
Große Erfahrung im Petrus-Krankenhaus besteht in der lokalen Tumorablation von Lebertumoren, kann jedoch z.B. auch zur Therapie von Nierentumoren genutzt werden. Bei Lebertumoren ist die Durchführung einer Radiofrequenzablation insbesondere bei singulären Herden bis maximal 5cm geeignet. Prinzipiell ist die Ätiologie, d.h. die Herkunft des Tumores nicht von Relevanz. So können neben lebereigenen Tumoren („HCC“) auch Metastasen von z.B. Dickdarm, Brust, Bauchspeicheldrüse, Lunge oder endokrin-aktiven Tumoren sinnvoll behandelt werden.
Die Therapie stellt ein sicheres und etabliertes Verfahren dar. In der Regel ist ein Krankenhausaufenthalt von drei bis maximal fünf Tagen notwendig.
ARFI steht für „acoustic radiation forced impulse imaging“ und stellt eine etablierte Methode zur Steifigkeitsmessung von Geweben dar. Diese Methode wird zur Graduierung des Firvbrosestadiums einer chronischen Lebererkrankung verwendet. Prinzipiell gilt, dass bei zunehmender Lebergewebsschädigung mehr Bindegewebe in der Leber abgelagert wird („Fibrose“) und dadurch die Steifigkeit des Organs zunimmt.
Diese kann durch die Elastographie gemessen werden. Dabei besteht eine Korrelation, d.h. ein direkter Zusammenhang zwischen zunehmender Fibrose und Steifigkeit, so dass eine Quantifizierung bzw. Stadieneinteilung der chronischen Lebererkrankung gelingt. Insbesondere zur Detektion bzw. Ausschluß einer Leberzirrhose eignet sich der ARFI besonders gut.
Nicht verwendet hingegen kann diese Untersuchung im Falle einer akuten Lebererkrankung, Gallenabflusstörungen („Cholestase“) oder akuten Rechtsherzinsuffizienz, da diese Erkrankungen mit falsch-hohen Messwerten einhergehen. Im Gegensatz zur transienten Elastographie („FibroScan“) besteht der Vorteil des ARFI, dass sonographisch gesteuert einzelne Regionen der Leber gezielt untersucht werden können. Dies ist insbesondere daher von Interesse, da bei chronischen Lebererkrankungen nicht alle Areale der Leber gleichmäßig geschädigt werden. Die Untersuchung ist schmerzfrei und wird vom Patienten wie bei einer konventionellen Ultraschalluntersuchung nicht wahrgenommen.
Im Petrus-Krankenhaus wird ferner der Einfluss von Diabetes mellitus auf die Steifigkeit der Bauchspeicheldrüse innerhalb einer Studie untersucht.
Bei der Behandlung der so genannten zystischen Echinokokkose, hervorgerufen durch den Hundebandwurm (Echinokokkus granulosus) ist die PAIR ein therapeutischer Bestandteil. Im Falle von zystischen Absiedlungen innerhalb der Leber kann durch die B-Bild Sonografie eine Stadieneinteilung nach WHO erfolgen und die Aktivität der Erkrankung ermittelt werden. Grundsätzlich erfolgt zunächst eine medikamentöse Therapie mit sog. Antihelmintika (z.B. Albendazol oder Mebendazol).
Im Falle eines medikamentösen Nicht-Ansprechens oder bei besonders großen Zysten, die z.B. Nachbarorgane oder Gefäße verdrängen, kann als Alternative zu einer Operation eine PAIR durchgeführt werden. Diese minimal-invasive Methode wird unter Sedierung und Lokalbetäubung durchgeführt. Hierbei wird die Zyste von außen punktiert („P“), der Zysteninhalt aspiriert („A“), welcher dann auch zur Bestätigung der Diagnose untersucht werden kann, und Alkohol über die Punktionsnadel in die Zyste instilliert („I“). Dieser verbleibt für zehn Minuten innerhalb der Zyste und wird anschließend wieder reaspiriert („R“). Für den Patienten stellt diese Methode eine sehr gute Alternative zu einer Operation dar, da hierbei weniger Komplikationen auftreten und ein wesentlich kürzerer Krankenhausaufenthalt besteht.
Die TACE wird primär zur Behandlung von lebereigenen Tumoren sowie Metastasen von endokrin aktiven Tumoren eingesetzt. Am Petrus-Krankenhaus in Wuppertal wird die TACE in enger Kooperation zwischen der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Diabetologie sowie der Radprax (Radiologie) durchgeführt.
Der Effekt der TACE basiert auf der Kombination von Devaskularisation (Unterbindung der Blutzufuhr) des Tumors und lokaler Chemotherapie. Dazu wird über einen arteriellen Zugang in der Leiste eine Arterie, die die Leber versorgt, mittels eines Katheters aufgesucht. Danach wird der Tumor gezielt mittels eines Chemotherapeutikums und embolisierender Partikeln behandelt. Dadurch soll die Blutversorgung des Tumors unterbrochen und ein weiteres Tumorwachstum verlangsamt werden.
Die Abkürzung TIPPS steht für den Begriff „transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Stent-Shunt“. Mit einem TIPPS wird eine minimal invasive Verbindung zwischen Pfortader und Lebervene durch einen in der Leber platzierten Stent, der die beiden Gefäße miteinander verbindet, geschaffen. Als Pfortader wird ein großes venöses Gefäß bezeichnet, das das Blut zur Leber hinführt.
Im Falle einer Leberzirrhose sind die intrahepatischen Gefäße durch die Leberzirrhose so verengt, dass das Pfortaderblut die Leber nicht gut passieren kann, sich das Blut in der Pfortader staut und einen Pfortaderhochdruck verursacht. Durch den TIPPS wird erreicht, dass dieser Pfortaderhochdruck vermindert wird und das Blut durch den Stent wieder in den großen Blutkreislauf wieder gelangen kann.
Folgen eines Pfortaderhochdrucks, wie Krampfadern der Speiseröhre und Bauchwasser, können so beseitigt werden. Insbesondere neue Studien zeigen, dass durch die Anlage eines TIPPS das Risiko einer Blutung aus Krampfadern der Speiseröhre, sofern diese bereits einmal geblutet haben, erheblich gesenkt werden kann. Daher ist heutzutage der TIPPS eine der effektivsten Maßnahmen, um eine erneute Blutung aus Krampfadern der Speiseröhre oder des Magens zu verhindern.
Die TIPPS-Anlage erfolgt vom Hals aus über eine mittelgroße Halsvene und wird am Petrus-Krankenhaus durch ein interdisziplinäres Team aus Gastroenterologen und Radiologen mit Unterstützung der anästhesiologischen Kollegen gelegt.
Der erste TIPPS am Petrus-Krankenhaus konnte erfolgreich im April 2013 gelegt werden. Im Vergleich zum alternativen Verfahren, der Shunt-Operation, ist der TIPPS mit erheblich weniger Komplikationen vergesellschaftet und bedarf eines deutlich kürzeren Krankenhausaufenthaltes, in der Regel von 5-7 Tagen.